"Und was machst Du so?" - Karrierefragen kontern
Wir vergleichen uns unwillkürlich und unaufhörlich mit anderen. Nach psychologischer Lehrmeinung verbringen wir acht Prozent unserer Zeit damit, über uns selbst nachzudenken. Während und nach einem Klassentreffen dürfte dieser Prozentsatz noch höher liegen. Wir wollen wissen, was für Menschen wir sind und ob wir mit unserem Leben zufrieden sein dürfen. Regt sich Neid, können wir davon ausgehen, dass wir noch mehr erreichen wollen. Eine für uns nicht uninteressante Erkenntnis.
Wen die Nadelstiche des Neids treffen, der läuft zunächst Gefahr, ihn beschämt mit falscher Bewunderung zu maskieren. Denn Neid ist - heutzutage eher gesellschaftlich als religiös - eine Todsünde. Wer neidet, gibt sich als Zu-Kurz-Gekommener zu erkennen und schließt sich damit selbst aus dem Kreis der Glücklichen aus. Bevor man "gelb anläuft" ist es daher besser, bei sich zu bleiben, die eigenen Stärken zu fokussieren und die Überprüfung der persönlichen Lebensplanung für später vorzumerken. Während des Klassentreffens hilft die Kölsche Lebensweisheit: "Man muss och jönne könne".
Warum aber ziehen wir reflexhaft Parallelen zu anderen? Sozialpsychologe Thomas Mussweiler erklärt hierzu, dass es uns schlicht überfordern würde, müssten wir stets alle verfügbaren Informationen einholen, um zu einem Urteil über uns selbst zu kommen. Der soziale Vergleich schont geistige Ressourcen. Ohne Konjunkturanalyse führt der einstige Schulfreund vor, was - vielleicht auch für uns - erreichbar ist.
Ein Klassentreffen ist in punkto soziale Vergleiche eine Ausnahmesituation. Für gewöhnlich messen wir uns am Ehepartner oder der besten Freundin, an unserem persönlichen Standardmaßstab. Während des Wiedersehens mit den ehemaligen Mitschülern lassen wir den zu Hause. Unser Selbstwertgefühl erlebt Wechselbäder. Doch wir können beeinflussen, ob es uns heiß, kalt oder warm erwischt.
Jede Ratgeber im Regal der Bahnhofbuchhandlungen empfiehlt zur Steigerung des Selbstwertgefühls "nach unten" zu vergleichen, also die Augen dafür offen zu halten, wie viele längst nicht das geschafft haben, was man selbst auf die Beine gestellt hat. Eine gangbare Strategie, die aber kaum hilft, den eigenen Horizont zu erweitern.
Eine Alternative hierzu lässt sich aus einer bemerkenswerten Erkenntnis der Forschungsgruppe um Thomas Mussweiler ableiten: Wer während der Unterhaltung Gemeinsamkeiten mit dem bewunderten Gesprächspartner sucht, fühlt sich ihm ähnlicher - und damit erfolgreicher - als derjenige, der im Gespräch Unterschiede oder Trennendes betont. Wir profitieren von sozialen Vergleichen - und das am meisten, wenn wir sie bewusst anstellen.